Medien
29.05.2025
Interview mit der taz
„Wer bedroht wird, sollte an die Öffentlichkeit gehen“
Private Nummer und Adresse von Daniel Eliasson landeten im Netz. Dazu kamen rechte und antisemitische Bedrohungen. Der Grünen-Politiker aus Steglitz-Zehlendorf rät, sich nicht einschüchtern zu lassen. Ein Gespräch.
Veröffentlicht am 29. Mai 2025
Interview: Lea Kleinsorge
taz: Herr Eliasson, Unbekannte haben Ihre private Nummer und Adresse im Netz veröffentlicht und Sie massiv bedroht. Wie geht es Ihnen heute?
Daniel Eliasson: Viel besser. Unmittelbar danach hatte ich Kontakt mit der Polizei. Ich hatte das Gefühl, dass ich da sehr ernst genommen wurde. Die haben seelische Unterstützung in diesem schwierigen Moment geleistet und sehr gut reagiert. Auch sonst gab es viel Solidarität hier im Bezirk – auch über Parteigrenzen hinweg.
taz: Haben Sie eine Idee, wer Ihre Daten veröffentlicht hat?
Eliasson: Diese Personen traten natürlich anonym auf, aber ihre Aktivitäten in sozialen Medien lassen vermuten, dass es sich um Leute aus dem Umfeld der AfD handelt.
taz: Vor kurzem hat Jan Böhmermann die Identität des rechten YouTubers „Clownswelt“ veröffentlicht. Sie haben das öffentlich begrüßt – nun klagen Sie selbst über Doxxing. Ist das nicht ein Widerspruch?
Eliasson: Aus meiner Sicht sind das zwei ganz unterschiedliche Sachen. Clownswelt ist eine Person, die im Internet rechte Hetze verbreitet und damit Geld verdient – nicht nur mit YouTube-Streams, sondern auch mit Merchandise. Die Person vermarktet sich, und da gibt es ein berechtigtes öffentliches Interesse zu wissen, wer das ist.
taz: Und bei Ihnen?
Eliasson: Ich als Politiker bin sichtbar mit dem, was ich tue, und stehe mit meinem Namen dafür. Das ist der fundamentale Unterschied. Ich habe eine Meinung und ich traue mich, die öffentlich zu sagen – mit allen Konsequenzen.
taz: Sie sind nicht das erste Mal zur Zielscheibe von Anfeindungen geworden.
Eliasson: Das stimmt. Ich äußere mich zu Rechtsextremismus, gegen die AfD. Es ist schon vorgekommen, dass ich zur Zielscheibe von diesen Gruppen wurde. Es gab auch Morddrohungen.
taz: Inwiefern spielt dabei Ihr Jüdischsein eine Rolle?
Eliasson: Wenn man sich anschaut, was da geschrieben wird, ist absolut klar, dass es eine Verbindung zu Antisemitismus gibt: antisemitische Chiffren, rechtsextreme Codes, übergroße Nasen … So oft wie meine jüdische Identität im Kontext meines Wirkens auf Social Media erwähnt wird, ist ganz offensichtlich, worum es geht.
taz: Schränken Sie sich angesichts der Drohungen ein?
Eliasson: Das ist die Absicht dahinter. Aber das darf nicht sein.
taz: Vor wenigen Tagen wurde ein Linken-Mitglied in Lichtenberg auf der Straße von Rechten attackiert. Nehmen auch diese körperlichen Bedrohungen zu?
Eliasson: Das Auftreten der rechten Szene zeigt, dass sie sich sicherer fühlt – in ihrer Sprache, aber auch in ihrer Sache. Mir ist wichtig, solidarisch zu sein – egal ob jemand physisch angegriffen wird, verbal oder digital.
taz: Was ist die beste Reaktion auf Anfeindungen?
Eliasson: Wenn man bedroht wird, sollte man damit an die Öffentlichkeit gehen und sagen: Das passiert mir, weil ich mich demokratisch engagiere. Man sollte sich nicht zurückziehen – und das auch zeigen. Ich kann jeden verstehen, der sich zurückzieht. Aber wenn man die Kraft hat, dagegenzuhalten, muss man das tun – auch öffentlich.
Das Interview erschien zuerst am 29. Mai 2025 bei taz.de.